Licht und Schatten – ein Blick auf Wiens Radwegebauprogramm

Dieser Blogpost behandelt weder die gesamte Radinfrastruktur noch das heurige Bauprogramm, sondern vor allem die Qualität der in den letzten Jahren gebauten Radwege. Stellvertretend werden ein paar Projekte und Probleme genauer betrachtet und Verbesserungsvorschläge erläutert.
Detaillierte Auswertungen der jährlichen Bauprogramme finden sich in den Blogposts „Analyse der ‚Mega-Radwegoffensive 2022‘“ und „Analyse der ‚Mega-Radwegoffensive 2023‘“.

Was die PR-Maschinerie sagt und nicht sagt

In Wien werden mehr Radwege denn je gebaut. Das betonen Ulli Sima und andere Verantwortliche gerne und sie haben damit durchaus recht. Allerdings erwähnen sie dabei nicht, dass das bisherige Niveau extrem niedrig war und der Ausbau deutlich unter den Versprechungen im Wahlkampf liegt.

Aus dem Wahlprogramm der SPÖ: „Wir setzen uns das Ziel, den Fahrradwegeanteil an der Gesamtverkehrsfläche Wiens auf 10% zu steigern. Das bedeutet: 300 km sichere Radwege auf Hauptstraßen, 50 km Fahrradstraßen errichten (bis 2025), 375 km Einbahnen für den Radverkehr öffnen (bis 2030), 110 km Radschnellverbindungen (bis 2030) sowie 72.000 Fahrradstellplätze (bis 2030) schaffen.“

Die NEOS stellten im Wahlkampf den Plan zur Errichtung eines Radschnellwegnetzes vor. Von 12 angekündigten Projekten wurden bisher nur 2 begonnen. Das größte Projekt in diesem Netz wäre die Radachse Landstraße-Simmeringer Hauptstraße gewesen. Wer dort jemals mit dem Rad unterwegs war, weiß wie wichtig die Errichtung eines Radweges dort ist.

Im Koalitionsprogramm blieben von all dem nur vage Absichtserklärungen übrig. Die einzige konkrete Aussage betrifft den Anteil der Radwege an der Gesamtverkehrsfläche: Dieser soll auf 10 Prozent gesteigert werden. Aktuell liegt er bei rund 1 Prozent.

Superlative täuschen oft über die Realität hinweg. Sehen wir uns das am Beispiel des Lieblingsprojektes von Verkehrsstadträtin Sima an. Der sogenannte „Mega-Radhighway“ verbindet die Donaustadt mit der Innenstadt. Dabei betont sie oft und gerne die Breite der erneuerten Abschnitte in der Praterstraße und der Lassallestraße. Keine Erwähnung finden die Engstellen und Umwege, wie sie am Praterstern und bei der Reichsbrücke zu finden sind.

Engstellen am „Mega-Radhighway“ bei der Reichsbrücke und am Praterstern

Bei Autobahnen würde es solche Zustände maximal während kurzer Bautätigkeiten geben, bei einem „Radhighway“ hat die Politik aber offenbar auch als Dauerzustand kein Problem damit. Derzeit sind keine Verbesserungspläne für diese Problemstellen bekannt. Eine naheliegende und schnelle Lösung wäre die Abtrennung einer Kfz-Fahrspur am Praterstern und auf der Reichsbrücke, um dem Radverkehr in diesen Abschnitten mehr Platz zu geben.

Was gut läuft

Lange vernachlässigte Projekte werden endlich angegangen. Bei deren Umsetzung wird vermehrt auf sichere Infrastruktur statt auf Mehrzweckstreifen gesetzt. Dank erhöhter Fördergelder vom Bund steht dem Radwegebau in Wien seit ein paar Jahren ein deutlich größeres Budget zur Verfügung. Das ist ein wichtiger Faktor, um den Ausbau des Radwegenetzes vorantreiben zu können.

Was besser laufen könnte

Aktuell entstehen Radwege zeit- und kostenintensiv, indem Straßen aufgerissen werden, nur um dann 10 Zentimeter höher gelegt mit einem Randstein versehen neu asphaltiert zu werden. Kostengünstiger wäre eine „Aufrüstung“ bestehender Park- oder Fahrspuren mit Pollern und kleinen Leitschwellen oder Betonleitelementen, wie sie bei Baustellen zum Einsatz kommen – so geschaffene Radwege könnten auch nicht zugeparkt werden und wären sicherer, da Autos bei Unfällen vor der Radspur gestoppt werden würden.

Viele neue Radwege werden als Zweirichtungsradweg errichtet. Hintergrund ist vermutlich der geringere Platzbedarf gegenüber einer adäquaten beidseitigen Umsetzung von Einrichtungsradwegen. Die Platzersparnis geht auf Kosten der Radfahrenden, da die errichteten Radwege oft zu schmal sind, um einer zukünftig erwartbaren Auslastung und der zunehmenden Verbreitung von Lastenrädern gerecht zu werden. Es ist also autofreundlicher Radwegebau.

Ein anderes Problem stellt die Auf- und Abfahrt auf nur einseitig vorhandene Zweirichtungsradwege dar. Da das Radwegenetz viele Lücken aufweist, beginnen solche  Zweirichtungsradwege für Radfahrende im Mischverkehr oft auf der „falschen“ Straßenseite. Um StVO-konform unterwegs zu sein, erfordern benützungspflichtige Radwege gegebenenfalls eine Blockade des Fließverkehrs, um über die Fahrspuren des Gegenverkehrs auf den Radweg auffahren zu können. Dadurch entstehen gefährliche Situationen. Eine Aufhebung der Benützungspflicht für die jeweils „falsche“ Fahrtrichtung wäre daher wünschenswert, damit die Auffahrt entweder bei einer besseren Gelegenheit erfolgen oder ausbleiben kann, wenn die Route z. B. einen Block weiter ohnehin wieder vom Verlauf des Radweges wegführt.

Was schlecht läuft

Derzeit wird beim Radwegebau in Wien eine Salamitaktik angewendet. Statt durchgängige Strecken in einem Schwung zu errichten, werden diese auf mehrere Jahre aufgeteilt. Dadurch bleiben die Teilstücke jahrelang unattraktiv und erschweren die Situation für den Radverkehr im schlimmsten Fall sogar. Ein Beispiel dafür stellt die Krottenbachstraße dar, wo der Bau des Radweges 2022 startete, 2023 an anderer Stelle fortgesetzt wurde und es aktuell nur zwei kurze benützungspflichtige Inselradwege gibt. Radfahrende, die stadteinwärts unterwegs sind, werden durch die Umsetzung als einseitiger Zweirichtungsradweg mit der zuvor beschriebenen Problematik der Auf- und Abfahrt durch den Gegenverkehr konfrontiert. Für Geübte ist das zumindest ein Ärgernis, für Ungeübte ein abschreckendes Sicherheitsrisiko.

Was hinter dieser Taktik steckt bleibt unklar. Eine mögliche Erklärung: Kürzere Teilstücke einzelner Radwege ergeben am Papier mehr Projekte pro Jahr. Bei gleicher Bauleistung pro Jahr wäre die Errichtung von weniger Projekten, die dafür längere durchgängige Strecken aufweisen, sinnvoller.

Ein weiteres Problem der Verteilung der Bauleistung auf viele Projekte ist, dass die Lücken im Radwegenetz dadurch nur langsam kleiner werden. Jede Lücke bildet eine Barriere, womit die Nützung des Radwegenetzes deulich unter seinem Potenzial bleibt.

Um auf das Beispiel der Krottenbachstraße zurückzukommen: Dieser Radweg bleibt laut aktuellem Plan auch nach der Fertigstellung des Mittelteils ein Inselradweg ohne Anschluss an einen anderen Radweg. Erst wenn die Lücken zu den bestehenden Radwegen am Donaukanal und Gürtel geschlossen sind, wird dieser Radweg sein tatsächliches Potenzial erreichen. Denn direkte durchgängige Verbindungen sind attraktiv und erhöhen den Anteil des Radverkehrs.

Was fehlt

Das Problem der fehlenden Anbindung ans Radwegenetz betrifft viele Außenbezirken. Für die westlichen Bezirke wäre es z. B. das Mindeste, alle über sichere Radwege mit dem Gürtel und darüber hinaus mit der Ringstraße zu verbinden. Der Gürtelradweg hat zwar ebenso wie der Ringradweg großen Verbesserungsbedarf, aber immerhin stellen beide sichere Radialverbindung in viele Bezirke dar. Im Westen Wiens gibt es derzeit allerdings nur eine sichere Verbindung zum Gürtel und Ring: Den Wientalradweg. Klammern wir an dieser Stelle aus, dass dieser von entfernter gelegenen Teilen Hietzings und Penzings aus nicht über Radwege erreichbar ist und betrachten nur die Anbindung an den Gürtelradweg. In Ottakring gibt es immerhin die Fahrradstraße Hasnerstraße, aber in Rudolfsheim-Fünfhaus, Hernals, Währing und Döbling führt der Weg zum Gürtel nur über Straßen ohne sichere Radinfrastruktur. Damit bleibt das Radfahren vielen Menschen verwehrt, die das Fahrrad eigentlich gerne im Alltag nützen würden. Denn Sicherheit geht vor.

So wie die Donaustadt über den „Mega-Radhighway“ mit dem Donaukanal und dem Ringradweg verbunden wird, müssen alle Bezirke über sichere Radwege ans höherwertige Radwegenetz angebunden werden.

Es braucht aber nicht in jeder Gasse einen sicheren Radweg. Wichtig ist ein durchgängiges Netz, das von jeder Stelle aus innerhalb weniger Häuserblocks erreichbar ist. Um die Sicherheit auf der Strecke zum nächsten Radweg zu erhöhen, sind Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung zu setzen. Diese können z. B. niedrigere Tempolimits und modale Filter, also Durchfahrtssperren für Kfz, sein. Auch für den Radverkehr geöffnete Einbahnen erhöhen die Sicherheit durch den Blickkontakt und die geringe Zeit einer Begegnung. Leider hat Wiens Regierung die in der Novelle der Straßenverkehrsordnung geplante generelle Einbahnöffnung für Radfahrende blockiert.

So wird Wien Fahrradhauptstadt

Zusammenfassend: Es braucht in Wien ein durchgängiges dichtes Grundnetz direkt verlaufender Radwege und verkehrsberuhigte Routen, um diese zu erreichen. Es ist an der Zeit, die Ankündigungspolitik hinter sich zu lassen, Versprechungen einzulösen und von einem Radwegebauprogramm, das vor allem der Selbstvermarktung dient, auf eines zu wechseln, das schnelle Verbesserungen im Fahrradalltag bringt. So wird Wien Fahrradhauptstadt. So wird Wien Klimamusterstadt.

Weiterführende Informationen:
Hauptradverkehrsnetz Wien (wien.gv.at)
NEOS Wien: Neue Radschnellwege für Wien! (ots.at, 19.8.2020)
Koalitionsprogramm der „Wiener Fortschrittskoalition“ (wien.gv.at)
Absage von Radfahren gegen Einbahn: Gewessler glaubt an Einigung mit Wien (derstandard.at, 15.6.2022)
Radwege sollen möglichst direkt verlaufen (wien.orf.at, 24.3.2024)
Analyse der „Mega-Radwegoffensive 2022“ (Radeln For Future)
Analyse der „Mega-Radwegoffensive 2023“ (Radeln For Future)
Einmal Gürtel und retour (Radeln For Future)

Analyse der „Mega-Radwegoffensive 2023“

Info: Am 23.3.2024 wurde die Analyse um den Abschnitt Nachzügler verbessern die Gesamtbilanz 2023 erweitert.


Im März 2023 wurde von Wiens Verkehrsstadträtin Ulli Sima wie schon im Jahr zuvor eine „Mega-Radwegoffensive“ vorgestellt. 50 Projekte mit mehr als 20 Kilometern wurden versprochen. Mitte Jänner 2024 veröffentlichte Sima ein Video zur Bilanz des Jahres 2023.

Ulli Sima: „2023 war ein Wahnsinnsjahr für die Radinfrastruktur. Wir haben über 30 Millionen Euro ausgegeben, über 50 Projekte umgesetzt und in Summe mehr als 20 Kilometer Radinfrastruktur baulich errichtet.“ – wirklich? Zeit für einen Reality Check!

Schon kurz zuvor – am 10. Jänner 2024 – starteten wir einen Thread, in dem sich ein interessanter Dialog mit dem Account der Mobilitätsagentur @fahrradwien ergab.

Wir haben dabei gelernt, dass nicht nur fertig gebaute Projekte, sondern auch begonnene zur Jahresbilanz gezählt werden, die am 15. Jänner mit dem Titel „Bilanz: 2023 errichtete die Stadt Wien 20 km neue Radinfrastruktur“ veröffentlicht wurde. Diese schwammige Zuordnung war Anlass für eine schnelle Umfrage auf Twitter, die zeigt, dass diese Art der Bilanzierung nicht mehrheitsfähig ist.

Die Schlagzeile wird zwar schon im 2. Satz des Blogposts mit „Bei 53 Projekten wurden der Bau zumindest begonnen, viele sind bereits fertiggestellt“ relativiert, Medien übernehmen aber oft nur die Schlagzeile.

Radverkehrsanlagen, Sima und Medien

So gut wie immer wird jegliche Verkehrsfläche, die für Radfahrende gedacht ist, als Radweg bezeichnet. Vor allem Verkehrsstadträtin Sima sollte es besser wissen und flapsige Formulierungen bleiben lassen. „Wir bauen 20 Kilometer Radwege“ geht natürlich leichter über die Lippen als „Wir bauen neue Radwege, Geh- und Radwege, fahrradfreundliche und Fahrradstraßen und Mehrzweckstreifen, öffnen Einbahnen und Busspuren und verbessern den Bestand auf insgesamt 20 Kilometern“, aber durch die verkürzte Darstellung wird ein falsches Bild transportiert. Die Medien sind daher gefordert, kritischer zu berichten und Presseaussendungen und Aussagen Verantwortlicher zu überprüfen, anstatt sie einfach zu übernehmen.
Einen Überblick über alle Arten von Radverkehrsanlagen gibt es auf der Website der Stadt Wien.

Wie viele Projekte und Kilometer wurden 2023 tatsächlich umgesetzt?

Zur Beurteilung werden das auf wien.gv.at veröffentlichte „Bauprogramm Radverkehrsanlagen 2023“ (Stand 10.1.2024), die von der Mobilitätsagentur veröffentlichte Bilanz 2023 (15.1.2024) und der tatsächliche Zustand der Projekte herangezogen – ist der Status „fertiggestellt“ oder „baulich fertig, Bodenmarkierungen fehlen“, dann wird das jeweilige Projekt in unserer Bilanz berücksichtigt. Ist die Anlage noch eine Baustelle oder noch nicht mal das, hat sie in einer Jahresbilanz nichts verloren.
2 Beispiele: Beim verbreiterten Radweg in der Praterstraße fehlen seit Monaten nur noch Bodenmarkierungen, die Anlage wird aber bereits rege benützt – darum wird der Radweg trotz des Baustellencharakters in unsere Jahresbilanz fertiger Projekte der Kategorie „Bestandsverbessung“ aufgenommen. Der 3. Abschnitt des Radwegs in der Krottenbachstraße ist auch schon markiert, ausgeschildert und benützbar, obwohl er noch den Status in Bau hat, und gilt in unserer Bilanz als fertiger Neubau.

Im Laufe des Jahres 2023 gab es einige Änderungen im Bauprogramm: Von 50 im März 2023 angekündigten Projekten haben es 9 nicht in die Bilanz der Mobilitätsagentur geschafft, 4 wurden zu 2 zusammengelegt, 1 wurde auf 3 geteilt, 11 kamen neu dazu und 2 weitere, die schon im Bauprogramm 2022 angekündigt wurden, wurden zusätzlich in die Bilanz 2023 aufgenommen. So kommt die offizielle Bilanz auf 53 Projekte mit 20.248 Metern Länge.

Für unsere Analyse wurden die teils großzügigen Längenangaben aus der offiziellen Bilanz übernommen, bei einem Projekt wurde allerdings eine Korrektur vorgenommen:
„Schottenring von Schottengasse bis Heßgasse“, 20 statt 97 Meter, da die angekündigte Verlegung des Radweges in die Nebenfahrbahn nicht umgesetzt wurde.
Die Gesamtlänge der für die Bilanz 2023 berücksichtigen Radverkehrsanlagen reduziert sich damit auf 20.171 Meter.

53 Projekte, davon 35 fertig

Von 53 Projekten in der offiziellen Bilanz können 35 als fertig gewertet werden. Diese 66 Prozent liegen über dem Wert der fertigen sicheren Radverkehrsanlagen gemessen an deren Länge. Das ist wenig überraschend, da Bestandsverbesserungen oft mit kleineren baulichen Maßnahmen auskommen. Für eine fahrradfreundliche Straße reichen z. B. schon ein paar Bodenmarkierungen und mit ein paar Verkehrszeichen wird eine Fahrradstraße daraus.

Aber auch sichere Radwege sind mit kleinen baulichen Maßnahmen umsetzbar. Oft würde es reichen, eine Fahr- oder Parkspur mit Betonleitschienen oder Pollern vom Kfz-Verkehr abzutrennen. Andere Städte machen es vor, nur in Wien setzt die Verkehrsstadträtin ausschließlich auf den Goldstandard. Die Klimakrise erfordert schnelle und ressourcenschonende Maßnahmen. Warum also Straßen aufreißen und mit viel zeitlichem und finanziellem Aufwand Radwege bauen, wenn es auch schneller und billiger ginge?

Vor allem würde eine solche Vorgehensweise Ulli Simas größtes Problem lösen: Sie betont regelmäßig, dass das Tempo des Ausbaus der Radverkehrsanlagen durch einen Mangel an Baukapazitäten gebremst wird. Offenbar mangelt es aber auch am Willen, die Verkehrswende voranzutreiben.

Bilanz Bauprogramm 2023: 8,1 Kilometer sichere Radinfrastruktur

Sichere Infrastruktur, also Radwege und Geh- und Radwege, machen in der Bilanz insgesamt 16.614 Meter aus – davon sind 9.408 Meter Neubauten in Straßen, in denen bisher keine Radverkehrsanlage vorhanden war. Zum Zeitpunkt der Bilanzierung waren allerdings erst 8.155 Meter fertiggestellt, davon sind 4.082 Meter Neubauten. Die Bestandsverbesserungen in der Kategorie sicherer Infrastruktur machen 4.073 Meter aus.

Als Bestandsverbesserung gilt der Umbau bestehender Radverkehrsanlagen in sicherere Anlagearten, z. B. ein Upgrade von einem Mehrzweckstreifen auf einen Einrichtungsradweg, aber auch eine Verbesserung innerhalb derselben Anlageart – das kann z. B. durch die Verbreiterung eines bestehenden Radweges der Fall sein.

Über alle Anlagearten verteilt wurden von 20.171 in die offizielle Bilanz aufgenommenen Metern erst 10.386 Meter fertiggestellt – also nur rund 51 Prozent.

Mehr Transparenz zeigt unklare Zuordnungen

Positiv zu vermerken ist, dass die Bilanz des Jahres 2023 auch als Liste mit den zur Bilanz gezählten Projekten inklusive deren jeweiliger Längen veröffentlicht wurde. Das schafft mehr Transparenz, wodurch im Vergleich zu den Vorjahren ersichtlich wurde, wie großzügig Ulli Simas Ressort Projekte zuordnet.

Diese Transparenz zeigt aber auch, wie unklar die Zuordnungen zu den Jahresbilanzen sind. 2 Beispiele dafür:
Der 1. Abschnitt des Radwegs in der Krottenbachstraße wird in der offiziellen Jahresbilanz 2023 mit 386 Metern gelistet, wurde aber bereits für 2022 angekündigt und wird im Bauprogramm Radverkehrsanlagen 2022 als fertiggestellt angeführt. Wurde dieses Projekt doppelt gezählt? Mangels veröffentlichter Liste zur offiziellen Bilanz 2022 bleibt das unklar.
Der Lückenschluss in der Herndlgasse wird wiederum in der offiziellen Jahresbilanz 2023 mit 540 Metern berücksichtigt, obwohl selbst Ende Februar 2024 noch keine Bautätigkeit statt fand. Auf Nachfrage informierte die Mobilitätsagentur, dass dort Bauvorarbeiten durchgeführt wurden.

Unklarheiten wie diese werden sich erst im Laufe der Jahre mit voller Transparenz auflösen.

Andere Unklarheiten haben sich geklärt: Z. B. werden beidseitig errichtete Einrichtungsradwege als eigenständige Anlagen gezählt. So können am Rennbahnweg auf 935 Meter Länge gleich 1.870 Meter neue Radwege entstehen. In unserer Bilanz werden sie allerdings nicht berücksichtigt, da sie noch in Bau sind. Diese Berechnungsart ist zum Teil nachvollziehbar, andererseits wird der Autobahnzubringer „Stadtstraße“ auch nur als „3,2 Kilometer lange Gemeindestraße“ bezeichnet, obwohl die Fahrtrichtungen baulich getrennt sind und beim Anlegen des gleichen Maßstabs als 6,4 Kilometer gelten müssten.

Besser als 2022, aber immer noch zu wenig

Es wäre wünschenswert, wenn die Planung des Bauprogrammes zukünftig realistischer wird und die Fertigstellungsquote der für das Kalenderjahr geplanten Projekte sich 100 Prozent nähert. Auch die vielen Änderungen in der Liste seit der Präsentation zeigen, dass es sich dabei mehr um eine Absichtserklärung als einen Plan handelte. In der offiziellen Bilanz sollten nur fertige Projekte berücksichtigt werden. Das wäre ein Anreiz, angekündigte Projekte auch noch im selben Jahr abzuschließen.

Die Transparenz kann noch gesteigert werden, indem die Finanzierung offen gelegt wird. Von den kommunizierten 30-35 Millionen Euro, die für den Ausbau der Radverkehrsanlagen veranschlagt werden, kommt der Großteil vom Bund und nicht der Stadt Wien. Interessant wäre z. B., ob Projekte wie der Neubau des Kagraner Steges voll dem Radbudget zugeordnet werden.

Die Zahlen in übersichtlicher Form

Im vorangegangenen Text kommen viele Zahlen in unterschiedlichen Zusammenhängen vor. Eine Tabelle erübrigt weitere Worte zu einzelnen Kategorien.

Basierend auf den in der offiziellen Bilanz angegebenen Längen – abzüglich zuviel verrechneter 77 Meter am Schottenring – ergeben sich die folgenden Werte für die verschiedenen Arten von Radverkehrsanlagen:

Radwege
14.188 m
Neubau
8.575 m
fertig3.249 m
in Bau5.326 m
Bestandsverbesserung
5.613 m
fertig2.985 m
in Bau2.628 m
Geh- und Radwege
2.426 m
Neubau
833 m
fertig833 m
in Bau
Bestandsverbesserung
1.593 m
fertig1.088 m
in Bau505 m
Radfahren gegen die Einbahn
693 m
Neubau
451 m
fertig451 m
in Bau
Bestandsverbesserung
242 m
fertig242 m
in Bau
Fahrradstraße
2.067 m
Neubau
92 m
fertig92 m
in Bau
Bestandsverbesserung
1.975 m
fertig649 m
in Bau1.326 m
Fahrradfreundliche Straße
430 m
Neubau
fertig
in Bau
Bestandsverbesserung
430 m
fertig430 m
in Bau
Mehrzweckstreifen/
Radfahrstreifen
363 m
Neubau
363 m
fertig363 m
in Bau
Bestandsverbesserung
fertig
in Bau
Sonstiges
4 m
Neubau
fertig
in Bau
Bestandsverbesserung
4 m
fertig4 m
in Bau
Gesamt
20.171 m
Neubau
10.314 m
fertig4.988 m
in Bau5.326 m
Bestandsverbesserung
9.857 m
fertig5.938 m
in Bau4.459 m

Nachzügler verbessern die Gesamtbilanz 2023

Der bisherige Teil der Analyse bezieht sich nur auf das veröffentlichte „Bauprogramm Radverkehrsanlagen 2023“ und die offizielle Jahresbilanz. Es gab aber nicht erst 2023 Projekte, die nicht im Jahr der Ankündigung fertiggestellt wurden. Zur Gesamtbilanz 2023 müssen auch jene gezählt werden, die es in unserer Analyse der „Mega-Radwegoffensive 2022“ nicht in die Jahresbilanz 2022 geschafft haben, weil sie erst 2023 fertiggestellt wurden. Die Werte des Bauprogramms 2023 werden somit um 4.320 Meter an Radwegen und 180 Meter an Geh- und Radwegen ergänzt, davon 3.640 Meter Bestandsverbesserungen.

2023 wurde sichere Infrastruktur mit 12.655 Metern Länge fertiggestellt. Davon erschlossen 4.942 Meter Strecken, auf denen bisher keine Radverkehrsanlagen vorhanden waren, 7.713 Meter waren Bestandsverbesserungen.

Die Längen der erst 2023 fertiggestellten Projekte des Bauprogramms 2022 wurden durch eigene Messungen im Stadtplan ermittelt und ergeben die folgenden Werte für die verschiedenen Arten von Radverkehrsanlagen:

Radwege
4.320 m
Neubau
680 m
Bestandsverbesserung
3.640 m
Geh- und Radwege
180 m
Neubau
180 m
Bestandsverbesserung

Radfahren gegen die Einbahn
510 m
Neubau
510 m
Bestandsverbesserung

Fahrradstraße
350 m
Neubau
350 m
Bestandsverbesserung
Fahrradfreundliche Straße
1.490 m
Neubau
1.490 m
Bestandsverbesserung
Radfahren auf Busspuren
750 m
Neubau
750 m
Bestandsverbesserung
Gesamt
7.600 m
Neubau
3.960 m
Bestandsverbesserung
3.640 m

12,7 Kilometer (Geh- und) Radwege pro Jahr sind nicht genug

Für Projekte, die nur aus Farbe und/oder Verkehrszeichen bestehen, ist der Begriff Infrastruktur zu hoch gegriffen. Inklusive dieser unsicheren – baulich nicht getrennten – Radverkehrsanlagen wurden 2023 Projekte in der Länge von insgesamt 18.526 Metern fertiggestellt.

Der korrigierte Titel der offiziellen Bilanz müsste daher lauten:
Bilanz: 2023 errichtete und verbesserte die Stadt Wien 18,5 km Radverkehrsanlagen

Unter dem Begriff „Mega-Radwegoffensive“ darf nur sichere Infrastruktur gezählt werden. Von der groß angekündigten „Mega-Radwegoffensive 2023“ bleiben nur 8,1 Kilometer an fertiggestellter sicherer Infrastruktur übrig – davon 4,1 Kilometer auf neuen Strecken. Mit erst 2023 fertiggestellten Projekten der „Mega-Radwegoffensive 2022“ erhöht sich die Länge zwar auf knappe 12,7 Kilometer, von denen aber nur knapp unter 5 Kilometer neue Strecken erschließen.

Mega? Kaum. Offensive? Auch nicht. Fahrradhauptstadt? Garantiert nicht.

Ausblick: Der Weg zur Fahrradhauptstadt

Ein wichtiges Ziel für die weitere Arbeit ist die Erschließung neuer Zielgruppen, also Bevölkerungsgruppen zum Radfahren zu bringen, die bis dato im Wiener Radverkehr unterrepräsentiert waren.

Das Wiener Rad-Manifest, 2013

Die Erhöhung des Radverkehrsanteils ist ein Schritt am Weg zur Klimamusterstadt. 2013 wurden das Ziel ausgegeben, dass der Radverkehrsanteil von 5 Prozent im Jahr 2010 bis 2015 auf 10 Prozent verdoppelt werden soll. Dieser Wert wurde auch 2021 noch nicht erreicht.
Update: Am 22.3.2024 wurde der Modal Split 2023 veröffentlicht, in dem der Radverkehrsanteil mit 10 Prozent angegeben wird.

Im Jahr 2013 beschloss die Wiener SPÖ gemeinsam mit den Grünen den Grundsatzbeschluss Radfahren in Wien und die Stadt Wien veröffentlichte Das Wiener Rad-Manifest. 10 Jahre später wird es höchste Zeit, die schönen Worte von damals endlich umzusetzen.

Wie schon 2022 wurden auch 2023 einige wichtige Projekte begonnen, aber ein großer Teil bestand lediglich aus Verbesserungen bestehender Radverkehrsanlagen. Wichtiger als an vielen Stellen kurze Radwegabschnitte zu errichten ist die Schaffung eines echten Radwegenetzes mit langen durchgängigen Radwegen, um möglichst vielen Menschen die Benützung des Fahrrads im Alltag zu ermöglichen. Für Kinder oder auch Ungeübte stellt jede Lücke in der Infrastruktur ein Hindernis und eine Einschränkung der Mobilitätsfreiheit dar. Sobald solche Hindernisse beseitigt werden und das Wiener Radwegnetz diesem Namen gerecht wird, wird der Radverkehrsanteil deutlich ansteigen.

Politik für die Verkehrswende statt schöner Worte

Die Anschaffung und die Erhaltung eines Autos ist teuer. Nicht alle dürfen Autos lenken. Autoverkehr verursacht Schäden an Klima, Umwelt und Gesundheit. Autos nehmen gemessen am Nutzen unverhältnismäßig viel öffentlichen Raum ein. Die Verkehrswende steht für soziale Gerechtigkeit und erhöht die Lebensqualität. Daher heißt es frei nach Ulli Sima: „Nicht alle können mit dem Auto fahren!“

Dessen ist sich die SPÖ bewusst und präsentiert seit Jahren bzw. teils Jahrzehnten Pläne, den Autoverkehr zu reduzieren und den Radverkehr zu fördern. Um die eigenen Ziele zu erreichen, reicht es aber nicht, statt der Umsetzung der großen Pläne nur ein paar Schauprojekte zu bauen und zu plakatieren, dass Wien Fahrradhauptstadt ist.

Damit Wien zur Fahrradhauptstadt wird, muss noch viel passieren. Die Stadt bietet bereits Radfahrkurse für Kinder und Erwachsene an, um mehr Menschen zum Radfahren zu motivieren. Das ist eine wichtige Initiative, es fehlen aber die Radwege, auf denen Ungeübte im Alltag radeln können. Kinder der 4. Schulstufe dürfen die freiwillige Radfahrprüfung ablegen und danach auch unbegleitet am Verkehr teilnehmen. Nur 5 Prozent der Eltern von Kindern im Alter von 6-10 schätzen das unbegleitete Radfahren als sicher ein, weitere 13 Prozent als eher sicher.

Wie alltagstaugliche Infrastruktur aussieht, zeigt Utrecht, das weltweit die wahre Fahrradhauptstadt sein dürfte. Paris war bis vor ein paar Jahren mit Wien vergleichbar und kann inzwischen als Vorbild bezüglich der Geschwindigkeit des Umbaus von der Autostadt zur Fahrradstadt dienen. Paris gab Ende 2021 bekannt, bis 2026 250 Millionen Euro in den Ausbau von Radinfrastruktur zu investieren, womit u. a. 182 Kilometer baulich getrennte Radwege errichten werden, wovon 130 Kilometer komplett neu und 52 Kilometer die Aufwertung bestehender Pop-up-Radwege sein werden. Paris hat aber nur rund 270.000 Einwohner mehr als Wien.

Die selbsternannte „Fortschrittskoalition“ muss sich an Städten wie Utrecht und Paris orientieren, anstatt die wenig ambitionierte eigene Politik schönzureden.

Quellen und weiterführende Informationen:
Bauprogramm Radverkehrsanlagen – aktuell
Bauprogramm Radverkehrsanlagen – 2023
Bauprogramm Radverkehrsanlagen – 2022
Radwegoffensive 2023
Bilanz: 2023 errichtete die Stadt Wien 20 km neue Radinfrastruktur
Offizielle Bilanz 2023 als Liste
Presseaussendung zur Bilanz 2022
#radliebewien: Bilanz 2022
Hauptradverkehrsnetz Wien
Grundsatzbeschluss Radfahren in Wien
Das Wiener Rad-Manifest
Mobilitätsreport 2019
Freiwillige Radfahrprüfung
Inside the New Plan to Make Paris ‚100% Cyclable‘
Utrecht – planning for people, not for cars
Anteil der Radfahrer in Wien steigt

Analyse der „Mega-Radwegoffensive 2022“

Im März 2022 wurde eine „Mega-Radwegoffensive 2022“ mit 44 Projekten vorgestellt. Mitte Jänner 2023 ist es Zeit, Bilanz zu ziehen. Die SPÖ Wien kommt zum Schluss, Wien ist nun Fahrradhauptstadt und jubelt über „17km neu gebaute Radinfrastruktur allein im Hauptradverkehrsnetz!“ Laut dem offiziellen „Bauprogramm Radverkehrsanlagen 2022“, auf dem diese Analyse – neben einigen Presseaussendungen und Blogposts zu einzelnen Projekten – basiert, trifft das nicht zu. Mit Stand 20.1.2023 sind von 55 Projekten in Wiens Hauptradverkehrsnetz nur 24 fertiggestellt, 26 noch in Bau und 5 erst in Vorbereitung. Von 17 Kilometern der angekündigten „neu gebauten Radinfrastrukur“ sind erst 6,6 Kilometer fertig, von denen nur 3,5 Kilometer tatsächlich neue Streckenabschnitte sind.

Positiv zu vermerken ist, dass im Laufe des Jahres 2022 11 zusätzliche Projekte ins Bauprogramm aufgenommen wurden. Doch im Gegensatz zur Aussage der SPÖ Wien handelt es sich dabei nicht um „55 Radwegeprojekte“, sondern um verschiedenste Projektkategorien wie z. B.

  • Öffnung von Einbahnen
  • fahrradfreundlichen Straßen
  • Fahrradstraßen
  • Radverkehr auf Busfahrstreifen
  • Geh- und Radwege
  • Radwege

Aus der offiziellen Grafik zur „Mega-Radwegoffensive 2022“ ist nicht ersichtlich, um welche Kategorien es sich bei den eingezeichneten Projekten handelt. Um das zu ändern, hat „Radeln For Future“ die Grafik überarbeitet.

Rund 6,6 Kilometer fertiggestellt, davon 3,5 Kilometer neu

Die von der SPÖ Wien genannten 17 Kilometern an „neuer Radinfrastruktur“ sind in mehrfacher Hinsicht irreführend. Rund 40 Prozent der Projekte sind nur Bestandsverbesserungen – das kann die Errichtung eines Radweges als Ersatz eines Mehrzweckstreifens bedeuten oder aber nur die Vergrößerung der Aufstellfläche vor einer Ampel. Da auf diesen Abschnitten bereits Radverkehrsanlagen vorhanden waren, werden solche Projekte in dieser Analyse nicht als neu gewertet.

Die SPÖ Wien zählt auch Radverkehrsanlagen, die nur aus Fahrbahnmarkierungen bestehen zur „Radinfrastruktur“. Farbe ist keine Infrastruktur und die wenigsten Menschen werden das Aufbringen von Markierungen als Baumaßnahme bezeichnen.

Im Folgenden wird – wie auch im offiziellen Bauprogramm – die Bezeichnung „Radverkehrsanlagen“ verwendet, wenn nicht nur Radwege gemeint sind.

Die fertiggestellten Projekte im Detail

Die Längen der Projekte wurden im Stadtplan gemessen und auf volle 10 Meter gerundet.

Fertiggestellte neue Radverkehrsanlagen (rund 3,5 Kilometer)

1., Brandstätte von Kramergasse bis Bauernmarkt
Radfahren gegen die Einbahn: 50 Meter

4., Kleine Neugasse – Mittersteig
Fahrradfreundliche Straße: 430 Meter

10., Untere Kaistraße von Leopoldsdorfer Straße bis Kästenbaumgasse
Fahrradstraße: 260 Meter

10., Kaistraße von Mühlstraße bis Teichgasse
Fahrradfreundliche Straße: 90 Meter

14., Goldschlagstraße von Gurkgasse bis Ameisgasse
Fahrradfreundliche Straße: 850 Meter

14., Goldschlagstraße von Gurkgasse bis Reinlgasse
Verkehrsberuhigter Bereich: 70 Meter

18., Gersthofer Straße – Pötzleinsdorfer Straße von Erndtgasse bis Geymüllergasse
Geh- und Radweg sowie Zweirichtungsradweg: 900 Meter

18., Währinger Gürtel von Schulgasse bis Johanneskapelle 1
Geh- und Radweg: 80 Meter

19., Gunoldstraße bis Geistingergasse
Zweirichtungsradweg: 320 Meter

19., Muthgasse zwischen Gunoldstraße und Adolf Raupenstrauchgasse
Zweirichtungsradweg (ostseitig): 120 Meter

23., Breitenfurter Straße von Walter-Jurmann-Gasse bis Gerbergasse
Zweirichtungsradweg, Radfahren gegen die Einbahn: 300 Meter

Fertiggestellte Bestandsverbesserungen aller Kategorien (rund 3,1 Kilometer)

1., Franz-Josefs-Kai Kreuzung Salztorbrücke
Aufstellbereiche vergrößern

1., Max-Weiler-Platz, Schließung Zufahrt Nebenfahrbahn
Schließung kaum genutzter Zu-/Ausfahrt zur Nebenfahrbahn

2., Kleine Sperlgasse von Hollandstraße bis Taborstraße
Verbreiterung und Verlängerung baulicher Radweg: 220 Meter

2. + 3., Erdberger Steg
Verbreiterung und Entflechtung: 80 Meter

8., Pfeilgasse, Liselotte-Model-Platz
Verbreiterung und Entflechtung: 30 Meter

9., Währinger Gürtel von Säulengasse bis Sporkenbühelgasse 1
Zweirichtungsradweg: 300 Meter

14., Deutschordenstraße von Auhofstraße bis Keißlergasse
Geh- und Radweg: 330 Meter

14., Karlingergasse von Einwanggasse bis Ameisbrücke und Einwanggasse Kreuzung Cumberlandstraße
Einrichtungsradweg bergauf und Querungshilfe Einwanggasse, gemeinsam mit Karlingergasse: 200 Meter

15., Linke Wienzeile zwischen Anschützgasse und Winkelmannstraße
Zweirichtungsradweg: 270 Meter

18., Jörgerstraße von Hernalser Gürtel bis Ranftlgasse
Baulicher Einrichtungsradweg: 80 Meter

19., Döblinger Gürtel von Nußdorfer Straße bis Glatzgasse
Fahrradstraße: 100 Meter

21., Kürschnergasse von Oswald-Redlich-Gasse bis Schererstraße
Fahrradstraße: 210 Meter

22., Mayredergasse von Breitenleer Straße bis Fuchsenzeile
Befestigung Feldweg und Querung Breitenleer Straße: 1.270 Meter

Nur 3,2 Kilometer Radwege, davon 1,7 Kilometer neue Strecken

Um das Radfahren für mehr Menschen attraktiv zu machen, müssen durchgängige Radwege geschaffen werden. Farbe ist keine schützende Infrastruktur. Damit möglichst vielen Menschen von Jung bis Alt mehr Mobilitätsfreiheit erhalten, braucht es baulich getrennte Infrastruktur. An Ein- oder Zweirichtungsradwegen bzw. Geh- und Radwegen wurden 2022 nur 3,2 Kilometer fertiggestellt.

Fertiggestellte neue Radwege (rund 1,7 Kilometer)

18., Gersthofer Straße – Pötzleinsdorfer Straße von Erndtgasse bis Geymüllergasse
Geh- und Radweg sowie Zweirichtungsradweg: 900 Meter

18., Währinger Gürtel von Schulgasse bis Johanneskapelle 1
Geh- und Radweg: 80 Meter

19., Gunoldstraße – Geistlingergasse
Zweirichtungsradweg: 320 Meter

19., Muthgasse zwischen Gunoldstraße und Adolf Raupenstrauchgasse
Zweirichtungsradweg (ostseitig): 120 Meter

23., Breitenfurter Straße von Walter-Jurmann-Gasse bis Gerbergasse
Zweirichtungsradweg, Radfahren gegen die Einbahn: 300 Meter

Fertiggestellte Radwege (Bestandsverbesserungen, rund 1,5 Kilometer)

2., Kleine Sperlgasse von Hollandstraße bis Taborstraße
Verbreiterung und Verlängerung baulicher Radweg: 220 Meter

2. + 3., Erdberger Steg
Verbreiterung und Entflechtung: 80 Meter

9., Währinger Gürtel von Säulengasse bis Sporkenbühelgasse 1
Zweirichtungsradweg: 300 Meter

14., Deutschordenstraße von Auhofstraße bis Keißlergasse
Geh- und Radweg: 330 Meter

14., Karlingergasse von Einwanggasse bis Ameisbrücke
Einrichtungsradweg bergauf: 200 Meter

15., Linke Wienzeile zwischen Anschützgasse und Winkelmannstraße
Zweirichtungsradweg: 270 Meter

18., Jörgerstraße von Hernalser Gürtel bis Ranftlgasse
Einrichtungsradweg: 80 Meter

Bilanz: 3,2 Kilometer Radwege pro Jahr sind nicht genug

Das Bauprogramm für 2022 enthält insgesamt rund 11 Kilometer an Radwegen, wovon rund die Hälfte neu und der Rest Bestandsverbesserungen sind bzw. wären – denn im Jänner 2023 waren davon nicht mal ein Drittel fertiggestellt.
15 Projekte, bei denen bestehende Radwege verbessert oder neue errichtet werden, haben noch den Status in Bau. Einige davon stehen kurz vor der Fertigstellung, aber weitere 5 Projekte, darunter auch größere wie die Zweirichtungsradwege in der Donaustadtstraße (1.750 Meter neu, 550 Meter Bestandsverbesserung) und der erste Abschnitts des Radwegs in der Krottenbachstraße (370 Meter), sind überhaupt erst in Vorbereitung.

Von der groß angekündigten „Mega-Radwegoffensive 2022“ bleiben nur 11,1 Kilometer an geplanten und 3,2 Kilometer an fertiggestellten baulich getrennten Radwegen übrig.
Mega? Kaum. Offensive? Auch nicht. Fahrradhauptstadt? Garantiert nicht.

Ausblick: Der Weg zur Fahrradhauptstadt

Ein wichtiges Ziel für die weitere Arbeit ist die Erschließung neuer Zielgruppen, also Bevölkerungsgruppen zum Radfahren zu bringen, die bis dato im Wiener Radverkehr unterrepräsentiert waren.

Das Wiener Rad-Manifest, 2013

Die Erhöhung des Radverkehrsanteils ist ein Schritt am Weg zur Klimamusterstadt. 2013 wurden das Ziel ausgegeben, dass der Radverkehrsanteil von 5 Prozent im Jahr 2010 bis 2015 auf 10 Prozent verdoppelt werden soll. Dieser Wert wurde auch 2021 noch nicht erreicht.

Im Jahr 2013 beschloss die Wiener SPÖ gemeinsam mit den Grünen den Grundsatzbeschluss Radfahren in Wien und die Stadt Wien veröffentlichte Das Wiener Rad-Manifest. 10 Jahre später wird es höchste Zeit, die schönen Worte von damals endlich umzusetzen.

2022 wurden einige wichtige Projekte begonnen, aber ein großer Teil bestand lediglich aus kleineren Verbesserungen bestehender Radverkehrsanlagen. Wichtiger als an vielen Stellen kurze Radwegabschnitte zu errichten ist die Schaffung eines echten Radwegnetzes mit langen durchgängigen Radwegen, um möglichst vielen Menschen die Benützung des Fahrrads im Alltag zu ermöglichen. Für Kinder oder auch Ungeübte stellt jede Lücke in der Infrastruktur ein Hindernis und eine Einschränkung der Mobilitätsfreiheit dar. Zum Beispiel ist der mit 900 Metern längste 2022 fertiggestellte sichere Abschnitt aus Geh- und Radwegen, der in Pötzleinsdorf beginnt, nicht an die bestehenden Einrichtungsradwege in der Gersthofer Straße angeschlossen – die Lücke ist rund 1 Kilometer lang. Sobald solche Hindernisse beseitigt werden und das Wiener Radwegnetz diesem Namen gerecht wird, wird der Radverkehrsanteil deutlich ansteigen.

Politik für die Verkehrswende statt schöner Worte

Die Anschaffung und die Erhaltung eines Autos ist teuer. Nicht alle dürfen Autos lenken. Autoverkehr verursacht Schäden an Klima, Umwelt und Gesundheit. Autos nehmen gemessen am Nutzen unverhältnismäßig viel öffentlichen Raum ein. Die Verkehrswende steht für soziale Gerechtigkeit und erhöht die Lebensqualität. Daher heißt es frei nach Ulli Sima: „Nicht alle können mit dem Auto fahren!“

Dessen ist sich die SPÖ bewusst und präsentiert seit Jahren bzw. teils Jahrzehnten Pläne, den Autoverkehr zu reduzieren und den Radverkehr zu fördern. Um die eigenen Ziele zu erreichen, reicht es aber nicht, statt der Umsetzung der großen Pläne nur ein paar Schauprojekte zu bauen und zu plakatieren, dass Wien Fahrradhauptstadt ist.

Damit Wien zur Fahrradhauptstadt wird, muss noch viel passieren. Die Stadt bietet bereits Radfahrkurse für Kinder und Erwachsene an, um mehr Menschen zum Radfahren zu motivieren. Das ist eine wichtige Initiative, es fehlen aber die Radwege, auf denen Ungeübte im Alltag radeln können. Kinder der 4. Schulstufe dürfen die freiwillige Radfahrprüfung ablegen und danach auch unbegleitet am Verkehr teilnehmen. Nur 5 Prozent der Eltern von Kindern im Alter von 6-10 schätzen das unbegleitete Radfahren als sicher ein, weitere 13 Prozent als eher sicher.

Im Werbevideo zu ihrer Bilanz 2022 berichtet Verkehrsstadträtin Ulli Sima, dass 2022 25 Millionen Euro in den Ausbau des Radverkehrsnetzes investiert wurden. In Wien wohnen fast 2 Millionen Menschen, womit 12,5 Euro pro Person budgetiert wurden. Das ist zu wenig.

Wie alltagstaugliche Infrastruktur aussieht, zeigt Utrecht, das weltweit die wahre Fahrradhauptstadt sein dürfte. Paris war bis vor ein paar Jahren mit Wien vergleichbar und kann inzwischen als Vorbild bezüglich der Geschwindigkeit des Umbaus von der Autostadt zur Fahrradstadt dienen. Paris gab Ende 2021 bekannt, bis 2026 250 Millionen Euro in den Ausbau von Radinfrastruktur zu investieren, womit u. a. 182 Kilometer baulich getrennte Radwege errichten werden, wovon 130 Kilometer komplett neu und 52 Kilometer die Aufwertung bestehender Pop-up-Radwege sein werden. Paris hat aber nur rund 270.000 Einwohner mehr als Wien.

Die selbsternannte „Fortschrittskoalition“ muss sich an Städten wie Utrecht und Paris orientieren, anstatt die wenig ambitionierte eigene Politik schönzureden.

Fußnoten:
1 Bei diesen Projekten handelt es sich um Bypässe des bestehenden Radwegs bzw. der Fahrradstraße auf der jeweils anderen Seite der Gürtelbögen und somit streng genommen um Bestandsverbesserungen. Da die kürzere zusätzliche Strecke als Geh- und Radweg ausgeführt wurde und somit höherwertiger als die weiterhin existierende parallele Fahrradstraße ist, wurde sie trotzdem als neuer Radweg gewertet.

Quellen und weiterführende Informationen:
Bauprogramm Radverkehrsanlagen 2022
Hauptradverkehrsnetz Wien
Grundsatzbeschluss Radfahren in Wien
Das Wiener Rad-Manifest
#radliebewien: Bilanz 2022
Mobilitätsreport 2019
Radwegoffensive 2022: über 50 neue Projekte für den Radverkehr
Freiwillige Radfahrprüfung
Inside the New Plan to Make Paris ‚100% Cyclable‘
Utrecht – planning for people, not for cars

Reality-Check „Radweg Krottenbachstraße“

Im Dezember 2020 beantragten die NEOS in Döbling den Bau eines Radwegs in der #Krottenbachstraße. Seither herrscht viel Verwirrung über die Anzahl an Parkplätzen, die dafür einem Upcycling unterzogen werden. Höchste Zeit für einen Reality-Check!

Die richtige Antwort: 91

Mit der Angabe „ca. 90“ liegt Angelika Pipal-Leixner (NEOS) als einzige Politikerin richtig.

Die Anzahl der Parkplätze, denen ein Upcycling widerfährt, ist natürlich nur eine Momentaufnahme und nicht als Absolutwert gültig. Wie viele Autos auf der gegebenen Fläche tatsächlich parken könnten, hängt von deren Größe und dem Verhalten bzw. Talent der Einparkenden ab.

Bezirksvorsteher Daniel Resch (ÖVP) forderte am 27.12.2020 gegenüber oe24.at Transparenz. Da er seit dem Beschluss der Bezirksvertretung in verschiedenen Medien 220 bis 280 „verlorene Parkplätze“ bedauerte und den NEOS-Antrag mit der Studie vermischte, kommen wir dieser Forderung gerne nach.

Wir gehen davon aus, dass BV Daniel Resch in allen Medienberichten nur verkürzt und verfälschend zitiert wurde, da er die Bevölkerung als verantwortungsvoll handelnder Bezirkspolitiker sicher nicht mit irreführenden Zahlen täuschen und Stimmung gegen den Radweg machen will.

Die Machbarkeitsstudie behandelt Radverkehrsanlagen in der #Cottagegasse, #Obkirchergasse und #Krottenbachstraße. Anzahl der Parkplätze, denen laut der Studie ein Upcycling zugutekäme:
Cottagegasse: 38
Obkirchergasse: 37
Krottenbachstraße: 200

Der Antrag der NEOS behandelte nur den Radweg in der Krottenbachstraße und eine Öffnung der Einbahn für Radfahrende in der Obkirchergasse. Mit Bezug auf diesen Antrag wäre nur die Nennung von 237 „verlorenen Parkplätzen“ zulässig bzw. für den Radweg die Nennung von 200.

Von den 200 Parkplätzen, die entlang der Krottenbachstraße für das Upcycling als Radweg verwendet werden, liegen 76 in einem Abschnitt mit einer eher angespannten abendlichen Parkplatzsituation, weitere 15 in einem mit einer etwas angespannten. Der Rest ist kein Problem.

In den grün markierten Abschnitten der #Krottenbachstraße äußert sich die „Parkplatznot“ der leidgeplagten Bevölkerung folgendermaßen.

Döblings FPÖ-Klubobmann Klemens Resch nennt auf der Parteiseite https://doebling.fpoe-wien.at/ die Werte aus der Machbarkeitsstudie. Bei der Interpretation der Zahlen wird es etwas schwammig, aber da zusätzlich die Tabelle vorliegt, gibt es trotzdem ein Plus für die Transparenz.

Es ist leider nicht nachvollziehbar, wie die im Jänner 2022 von Peter Kristöfel (Grüne) und Daniel Resch (ÖVP) genannten 220 Parkplätze zustande kommen. Die Zahl ist jedenfalls zu hoch gegriffen.

NEOS-Mobilitätssprecherin Angelika Pipal-Leixner hat sich offensichtlich eingehend mit der Thematik befasst. Die von ihr genannten „ca. 90 Parkplätze“, die für den „#Radweg #Krottenbachstraße“ upcycled werden, ist die Anzahl an Parkplätzen, die seriöse Medien zukünftig verwenden sollten.

Quellen der genannten Zahlen:
https://www.krone.at/2301893
https://www.oe24.at/oesterreich/politik/doeblings-bezirkschef-tobt-radweg-killt-280-parkplaetze/459111017
https://kurier.at/chronik/wien/krottenbachstrasse-radweg-fuer-oevp-abgesagt-neos-beharren-darauf/401179948
https://www.heute.at/s/abgesagter-radweg-in-doebling-sorgt-fuer-polit-zwist-100126827
https://www.w24.at/News/2021/2/Verkehr-Wer-bekommt-Platz-auf-Wiens-Strassen
https://www.falter.at/zeitung/20210302/wie-ein-radweg-in-doebling-verhindert-wird
https://wienerbezirksblatt.at/doebling-radweg-problem-krottenbachstrasse-die-suche-nach-alternativen/
https://www.meinbezirk.at/doebling/c-politik/politikermeinungen-zur-debatte-krottenbachstrassenradweg_a5115304
https://www.derstandard.at/story/2000132797464/radfahren-in-doebling-radeln-s-doch-am-gehsteig-is-ja
https://doebling.fpoe-wien.at/