Wir unterstützen die Forderungen der Bewegung „Fridays For Future“ nach Klimaschutz und globaler Klimagerechtigkeit solidarisch. Als Radfahrende legen wir den Fokus auf die Verkehrswende, die ein wichtiger Beitrag dazu ist.
Ziele
Forderungen
- Umsetzung des Hauptradverkehrsnetzes
- Baulich getrennte Radwege entlang aller Hauptstraßen und wichtiger Verkehrsachsen
- Fahrradstraßen
- Pop-up-Radwege
- Grüne Welle auf Radschnellwegen
- Sichere Radwege in kurzer Distanz
- Sichere Erreichbarkeit aller Bildungseinrichtungen, öffentlicher Gebäude und Haltestellen der Schnellverkehrsmittel
- Sichere Umleitungen von Radwegen im Bereich von Baustellen
- Sichere Radabstellanlagen
- Faire Verteilung des öffentlichen Raums
Im Detail:
Ziele
1. Verkehrswende in Wien
Ohne Verkehrswende ist es unmöglich, die Klimaziele einzuhalten, mit denen der Klimawandel in einem zwar herausfordernden, aber sowohl technisch als auch gesellschaftlich bewältigbaren Ausmaß gehalten werden kann. Die Verkehrswende bedeutet eine massive Veränderung im Modal Split, bei der der motorisierte Individualverkehr (MIV) auf wirklich notwendige Fahrten reduziert wird. Die Stadt Wien hat sich das Ziel gesetzt, den Pendelverkehr bis 2030 zu halbieren. Dies ist als erster Schritt zu betrachten.
2. Mehr Mobilitätsfreiheit für alle
Benachteiligte Gruppen, u. a. Kinder, finanziell schlechter gestellte sowie ältere oder körperlich beeinträchtigte Menschen werden durch die autozentrierte Verkehrspolitik in ihrer Mobilitätsfreiheit beschränkt.
Das Fahrrad ist ein deutlich günstigeres Verkehrsmittel als das Auto.
Das Fahrrad ermöglicht sowohl zeitlich als auch hinsichtlich der Streckenführung deutlich mehr Flexibilität als öffentliche Verkehrsmittel.
Das Fahrrad ist ohne Führerschein benutzbar. Kinder dürfen ab 12 Jahren unbegleitet am Straßenverkehr teilnehmen, nach Ablegen einer freiwilligen Radfahrprüfung (Kosten: 3,27 Euro, Stand Jänner 2022) bereits ab 10 Jahren.
3. Steigerung der Lebensqualität aller
Die Erhöhung des Anteils Radfahrender hilft, den Anteil Autofahrender zu senken. Durch weniger Autoverkehr werden die Belastungen mit Schadstoffen und Lärm sowie der Stresspegel reduziert. Nicht mehr durch fließenden oder ruhenden Autoverkehr okkupierte Flächen können z. B. entsiegelt und begrünt oder anderweitig sinnvoll genutzt werden. Vom Wegfall nicht notwendigen MIV profitieren auch jene Menschen, die auf das Auto angewiesen sind.
Forderungen
Um die zuvor genannten Ziele erreichen zu können, fordern wir:
1. Umsetzung des Hauptradverkehrsnetzes
Um die Verkehrswende in Wien voranzutreiben, bedarf es eines dichten Netzes durchgehender Radwege. Bereits in den 1990er-Jahren wurde von der Stadt ein Hauptradverkehrsnetz geplant. Dieses ist 30 Jahre danach noch immer nur teilweise und über große Strecken in minderer Qualität umgesetzt.
Wir fordern ein Ende der jahrzehntelangen Blockadepolitik, die Anpassung des vor 30 Jahren definierten Radverkehrsnetzes an die Anforderungen in einer klimafitten Stadt und die rasche Umsetzung.
2. Baulich getrennte Radwege entlang aller Hauptstraßen und wichtiger Verkehrsachsen
Viele Menschen werden aufgrund des derzeitigen Mangels an baulich getrennten Radwegen und der damit verbundenen Risiken von der Nutzung des Fahrrads für Alltagswege abgehalten. Baulich getrennte Radwege erhöhen die Sicherheit Radfahrender enorm und steigern dadurch auch die Mobilitätsfreiheit benachteiligter Gruppen.
In einem Punkt unterscheiden sich Radfahrende nicht von Autofahrenden: Direktverbindungen sind attraktive Verbindungen. Ein Netz baulich getrennter Radwege entlang der Hauptstraßen und wichtiger Hauptverkehrsachsen schaffen einen großen Anreiz, das Rad im Alltag zu benutzen.
Wir fordern die priorisierte Umsetzung baulich getrennter Radwege entlang aller Hauptstraßen und wichtiger Verkehrsachsen.
3. Fahrradstraßen
Fahrradstraßen – nicht zu verwechseln mit fahrradfreundlichen Straßen – können auf Grätzlebene ein wertvoller Beitrag des Radverkehrsnetzes sein. Klug angelegt können sie eine verkehrsberuhigte Verbindung zwischen zwei baulich getrennten Radwegen darstellen und die Lebensqualität durch den Ausschluss des Kfz-Durchzugsverkehrs steigern.
Wir fordern die Errichtung von Fahrradstraßen auf allen Strecken des Hauptradverkehrsnetzes, die über keine baulich getrennten Radwege oder Radschnellwege verfügen.
4. Pop-up-Radwege
Das Konzept „Pop-up-Radweg“ ist schon länger bekannt, kam aber erst zu Beginn der Covid-19-Pandemie in vielen Städten zu Anwendung und führten zu einem starken Anstieg des Radverkehrs. Einige Städte sind inzwischen dazu übergegangen, Pop-up-Radwege zu dauerhaften umzubauen. Während der Pandemie sind Pop-up-Radwege ein wichtiger Beitrag zur Eindämmung des Infektionsgeschehen, da dadurch die Anzahl der Menschen in öffentlichen Verkehrsmitteln reduziert wird. Pop-up-Radwege haben sich international bewährt und erhöhen den Anzahl Radfahrender.
Wir fordern die Einrichtung von Pop-up-Radwegen auf allen Hauptverkehrsstraßen – mindestens bis zum Ende der Covid-19-Pandemie, optimalerweise bis zum Beginn der Bauarbeiten der jeweiligen Projekte.
5. Grüne Welle auf Radschnellwegen
Unterbrechungsfreie Fahrten steigern die Attraktivität des Radfahrens und sind somit ein großer Anreiz, das Rad als Alltagsverkehrsmittel zu nutzen.
Wir fordern, die Ampelschaltungen auf Radschnellwegen derart einzurichten, dass Radfahrende bei einem Tempo von 20-25 km/h eine grüne Welle haben.
6. Sichere Radwege in kurzer Distanz
Damit vor allem benachteiligte Gruppen, die am meisten von sicheren Radwegen profitieren, diese auch erreichen können, müssen möglichst nah liegen. Durch das angestrebte dichte Netz sicherer wie durchgängiger Radwege sind somit nur die ersten und letzten Meter der Strecken ohne baulich getrennten Radweg zurückzulegen. Um die Strecken im Mischverkehr ohne jegliche Maßnahmen möglichst kurz zu halten, sind nach Möglichkeit Fahrradstraßen, Geh- und Radwege oder Mehrzweckstreifen einzurichten. Wo der Mischverkehr unvermeidlich ist, sind Maßnahmen zur Reduktion der Fahrgeschwindigkeiten zu treffen, um die Sicherheit zu erhöhen. Dies kann durch Tempolimits und Bodenschwellen erfolgen.
Wir fordern, dass allen in Wien lebenden Menschen ein sicherer Radweg in maximal 500 Metern Distanz vom Wohnhaus zur Verfügung steht. Locker besiedelte Gebiete an der Peripherie sind von dieser Forderung ausgenommen.
7. Sichere Erreichbarkeit aller Bildungseinrichtungen, öffentlicher Gebäude und Haltestellen der Schnellverkehrsmittel
Bereits seit Jahren müssen öffentliche Gebäude barrierefrei zugänglich sein. Für das Gelingen der Verkehrswende ist es notwendig, dieses Prinzip auch auf die Erreichbarkeit anzuwenden, die sicher und hindernisfrei möglich sein muss. Dies betrifft alle Bildungseinrichtungen, öffentliche Gebäude und Stationen des U-Bahn- sowie des Schnellbahnnetzes und muss nach einer professionellen Evaluierung durch geeignete Maßnahmen (z. B. baulich getrennte Radwege, Fahrradstraßen) sichergestellt werden.
Wir fordern die sichere und hindernisfreie Erreichbarkeit aller Bildungseinrichtungen, öffentlicher Gebäude und Haltestellen der Schnellverkehrsmittel.
8. Sichere Umleitungen von Radwegen im Bereich von Baustellen
Für den MIV gibt es im Bereich von Baustellenbereichen stets gut ausgeschilderte Umleitungen. Werden Radwege baustellenbedingt gesperrt, gibt es meist keine ausgeschilderten Umleitungen. Sofern Umleitungen eingerichtet werden, führen diese über abenteuerliche Strecken.
Wir fordern, den Radverkehr bei Sperren von Radwegen entlang mehrspuriger Straßen, auf eine Kfz-Fahrspur umzuleiten. Die Umleitungsstrecke ist aus Sicherheitsgründen mit Betonelementen vom Kfz-Verkehr zu trennen.
9. Sichere Radabstellanlagen
Um den Anteil des Radverkehrs zu steigern, bedarf es nicht nur eines Netzes sicherer Radwege, sondern auch entsprechender Abstellmöglichkeiten. Darunter sind je nach Lage und durchschnittlicher Stellzeit simple Fahrradbügel bis hin zu Fahrradgaragen zu verstehen.
Wir fordern die Errichtung sicherer Radabstellanlagen für Standard-Fahrräder sowie Lastenfahrräder
- bei Knotenpunkten des öffentlichen Verkehrs
Der öffentliche Verkehr und das Fahrrad können sich perfekt ergänzen. Dazu bedarf es nicht nur einer ausreichenden Anzahl von Abstellanlagen, sondern auch Maßnahmen zum Schutz abgestellter Fahrräder vor Vandalismus und Diebstahl. - bei allen Bildungseinrichtungen und öffentlichen Gebäuden
- in Einkaufsstraßen
Viele Einkäufe können mit dem Fahrrad erledigt werden. Studien belegen, dass Radfahrende in Einkaufsstraßen für mehr Umsatz sorgen als Autofahrende. Ein Autoparkplatz entspricht 8-10 Fahrradparkplätzen. Um das wirtschaftliche Potenzial auszuschöpfen, bedarf es zusätzlich zu Radabstellanlagen in regelmäßigen Abständen auch sicherer Radwege zur Anfahrt. - in bzw. bei Wohnhausanlagen
Radfahrende haben oft nur unzureichende Möglichkeiten, ihre Fahrräder zu Hause sicher zu verwahren. Um die Anzahl verfügbarer Radabstellplätze in Wohnhausanlagen zu erhöhen, fordern wir einen Mix aus Förderungen für die Schaffung und Nachrüstung entsprechender Anlagen sowie die verpflichtende Errichtung sicherer Radabstellanlagen (versperrbarer Radabstellraum + darin befindliche fest verankerte Radbügel) im Rahmen von Neubauten. Alternativ ist eine entsprechende Anzahl sicherer Abstellplätzen im öffentlichen Raum zu schaffen.
10. Faire Verteilung des öffentlichen Raums
Seit den 1950er-Jahren wird die Stadt- und Verkehrsplanung Wiens vom autozentrierten Denken dominiert. Dies resultiert in einer ungerechten Verteilung des öffentlichen Raums. Früher waren Straßen lebendige Orte, heute wird die Lebendigkeit wie in den vergangenen Jahrzehnten der Bequemlichkeit des fließenden und ruhenden Autoverkehrs geopfert.
Die „Fortschrittskoalition“ hat in ihrem Koalitionsübereinkommen die Erhöhung des flächenmäßigen Anteils der Radwege an der Gesamtverkehrsfläche auf 10 % und die Schaffung von mehr Platz, Komfort und Sicherheit vereinbart. Aktuell beträgt dieser Anteil nur knapp über 1 % und variiert je nach Bezirk zwischen 0,12 % und 2,92 %. Wir unterstützen die Pläne der Koalition.
Wir fordern eine Abkehr von autozentrierter Stadtplanung hin zu menschenorientierter. Damit einher gehen die rasche Umsetzung einer entsprechenden Anzahl baulich getrennter Radwege, breitere Gehsteige und die flächendeckende Einführung von Tempo 30 sowie Begegnungszonen. Der ruhende Autoverkehr soll von der Straße in Sammelgaragen verlegt werden, um Raum für lebendige Straßen zu schaffen.